Hallo Leute,
nach einem ruhigen Wochenende hier auf meinem Blog melde ich mich nun mit einer Rezension zurück. Tatsächlich habe ich sowohl Samstag als auch Sonntag keine einzige Seite gelesen, da ich unter anderem arbeiten und wandern und anderweitig unterwegs war. Heute habe ich also die letzten Seiten von Grimm von Christoph Marzi beendet, womit ich langsam aber sicher wieder dem Ende der DIE MÄRCHENHAFTEN SIEBEN Challenge von Julia weiter bin.
Inhalt
Vesper Gold ist grundsätzlich ein ganz gewöhnlicher Teenager. Sie hasst die Schule, streitet sich mit ihren Eltern, bockt gegen ihre Lehrer auf und hört viel lieber Musik, als zu lernen. Als sie eines Tages dabei erwischt wird, dass sie ihre Atteste gefälscht hat, weiß Vesper noch nicht, dass noch größeres Unheil über ihr dräut als ein Schulverweis. Binnen weniger Tage ändert sich ihr Leben schlagartig für immer und bald muss sie um ihr Leben bangen - merkwürdige Wolfswesen tauchen in Hamburg auf, die sie jagen und plötzlich fallen alle Kinder in einen seltsamen Schlaf, aus dem sie nicht mehr erwachen. Als sie von ihrem Vater einen Brief mit einem Schlüssel und einem Ring bekommt, bleibt ihr nichts anderes mehr übrig, als dem Rat aus dem Brief zu folgen: Hüte dich vor den Wölfen und suche Coppelius. Doch als Vesper besagten Coppelius ausfindig macht, wird er von Wölfen ermordet und sie selbst kann nur knapp entkommen. Zusammen mit Leander, der ebenfalls zu Coppelius geschickt wurde und einen Schlüssel besitzt, flieht Vesper und findet sich schnell in einem märchenhaften Abenteuer wieder, dass ganz anders ist, als man Märchen normalerweise kennt.
Meine Meinung
Das Cover ließ mich auf eine spannende, etwas düstere, aber dennoch witzige und unterhaltsame Märchenadaption hoffen, doch ich wurde bitter enttäuscht. Meiner Meinung nach kann das Buch dem schönen Cover in keinster Weise gerecht werden und ich muss sagen, dass das Buch für mich eins der schlechtesten dieses Jahr bisher war.
Ich muss gestehen, dass es mir noch nie so schwer gefallen ist, eine Inhaltsangabe zu schreiben. Für meine Rezensionen schreibe ich sie immer selber und nehme nie den Klappentext dafür, aber heute saß ich tatsächlich fast eine halbe Stunde nur an der Inhaltsangabe, da ich nicht sagen kann, was mir das Buch vermitteln wollte und was nun der eigentliche Inhalt davon ist. Ich konnte keinerlei roten Faden erkennen.
Dieses Buch war für mich nur eins: deprimierend. Vesper wächst zwar in einer reichen, aber zerrütteten Familie auf und lebt abgeschottet von ihren Eltern in einer eigenen Wohnung. Nach einem Fiasko an ihrer alten Schule in Berlin musste sie zu ihrer Mutter nach Hamburg ziehen, obwohl beide kein gutes Verhältnis zueinander haben. Was dieses Fiasko war, erfährt man leider nie. Auf den ersten Seiten war sie mir noch sehr sympathisch und war mit ihren schwarzen Klamotten, den schwarzen Haaren und dem schwarzen Eyeliner eine recht ungewöhnliche Protagonistin, die sich über die Konsumgeilheit ihrer Mitschüler aufregt, wobei sie natürlich auch einen iPod hat.
Mit der Zeit konnte ich mich allerdings immer weniger mit ihr identifizieren, da sie Lieder und Bücher und Filme von allen möglichen Sängern, Autoren und Schauspielern kannte, die leider Gottes kein Jugendlicher kennt. Jede Gefühlslage von Vesper wird mit einem dazu passenden, meist mir unbekannten Song von ihrem iPod - schon wieder - unterlegt. Auch ihre Gedankengänge waren für mich manchmal nicht nachvollziehbar und dadurch fand ich sie mit der Zeit nicht mehr ganz so sympathisch.
Leander lernt sie in einer Kunstaustellung kennen, in die natürlich jeder junge Erwachsene rennt. Natürlich sollen sowohl Vesper als auch Leander keine gewöhnlichen jungen Menschen darstellen, aber sie waren mir beide doch zu verkorkst und zu untypisch, wobei ich Leander noch ein bisschen mehr mochte. Gleichzeitig fiel es mir unendlich schwer, ihn mir vor meinem geistigen Auge vorzustellen. Er wird als ziemlich komischer Kauz beschrieben, der einen Tweedanzug, eine Fliege, komische Schuhe und eine mehr als merkwürdige Frisur trägt. Dennoch blieb er für mich immer ein verschwommenes Bild.
Die Liebesgeschichte, die sich unweigerlich zwischen Vesper und Leander anbahnt, ist zwar an sich recht nett, passiert mir aber viel zu schnell und ist dadurch ein wenig unglaubwürdig. Nachdem sie sich in der Kunsthalle zufällig treffen, begegnen sie sich im Haus von Coppelius wieder und müssen gemeinsam vor den Wölfen fliehen, die nach ihrem Leben, ihren Schlüsseln, Vespers Ring und Leanders Uhr trachten. Die Flucht der beiden ist das am Buch, was mich am meisten ärgerte. Einmal abgesehen davon, dass sie über vierzig Seiten dauert und die beiden nicht einfach blindlings irgendwo hin rennen, sondern ein konkretes Ziel haben - Leanders Auto - ist die Flucht unglaublich schlecht geschrieben. So rennen beide, bleiben zwischendurch immer mal wieder stehen, unterhalten sich über Banalitäten, wie zum Beispiel eine verpasste Englischklausur, bemerken, dass die Wölfe näher kommen und einer der beiden kommt dann auf die glorreiche Idee, dass sie vielleicht mal weiterlaufen sollten. Und das geschieht nicht nur einmal, sondern mehrere Male. Sie rennen, bleiben stehen, reden, hören die Wölfe, rennen, bleiben stehen... Natürlich kann man so eine Flucht nicht auf zwei Zeilen beschränken, aber für mich war das eine schlechte und künstliche Art, das Buch in die Länge zu strecken und Seiten zu füllen.
Ich hatte auch große Probleme mit dem Schreibstil, der sich an vielen Stellen negativ bemerkbar machte. Zum Einen spielt das Buch zwar in der heutigen Zeit mit allerlei modernem Schnickschnack - ich sage da nur iPod und iPad - ist aber oftmals übertrieben altmodisch geschrieben mit vielen altmodischen Begriffen. Allein schon die Tatsache, dass Vesper immer mit "Fräulein Gold" angesprochen wird und sie aus der Schule "gekündigt" und nicht geschmissen werden kann, war für mich schwer zu ertragen. Zum Anderen kommen unendlich viele Phrasen-Wiederholungen vor, die sich durch das ganze Buch ziehen und das Lesen manchmal sehr erschweren. Ob es nun Songtexte wie Fairytale gone bad oder Warnungen wie Hüte dich vor den Wölfen ist, solche Sätze werden wie Mantras ständig und immer wieder wiederholt, bis sie mir als Leser aus den Ohren raus hingen. Dann scheint Christoph Marzi eine Leidenschaft für Ein-bis-drei-Wort-Sätze zu hegen und durchaus auch zu pflegen. Da sind Erscheinungen wie Sie drehte sich um. Und erschauderte. Und rannte. keine Seltenheit. Neben den kurzen, abgehakten Sätzen findet man dann gerne auch mal solche Konstrukte:
Wie ein argloses Flüstern, scheeweiß und weich, hatte sich heimlich während der vergangenen Stunde gar lautlos der wirkliche Winter über die eisige Welt gelegt, und die bedrohlichen Geräusche, die wie dunkle Lieder in der Nacht waren, wurden sorgsam von den dicken Schneeflocken, die, getragen von kleinen Wirbelwinden, ihre Tänze aufführten, gedämpft. Grimm // Christoph Marzi // S. 247
Zudem benutzt er viele unstimmige Metaphern und neue Wortschöpfungen, die übertrieben blumig klingen und oftmals auch keinen Sinn ergeben.
Besonders negativ aufgefallen ist mir die Langatmigkeit des Buches. Alles, was auf diesen 560 Seiten passiert, spielt sich innerhalb von vier Tagen ab. Das ist natürlich Geschmackssache, aber mir persönlich liegt Zeitdehnung nicht so sehr. Ich mag dann doch lieber die Zeitraffung. Jetzt stehen sich "Langatmigkeit" und "Zeitdehnung" zwar ein wenig im Gegensatz, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte nicht so wirklich "in die Pötte" kam, wie man bei uns so schön sagt. Auf den ersten hundert Seiten konnte man wirklich noch gar nicht erahnen, wohin das ganze führen soll und selbst kurz vor Schluss war der rote Faden nicht zu erkennen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass der Autor viele - gute -Ideen hatte, die er alle anriss, aber nicht ordentlich zu Worte bringen und vor allem nicht ordentlich verknüpfen und verarbeiten konnte. Er schmeißt, meiner Meinung nach, mehrere Hauptstränge zusammen und versucht, daraus ein Konstrukt zu formen, das in sich zusammen fällt wie ein Kartenhaus, da es einfach nicht miteinander harmoniert. Oftmals werden Handlungsstränge aufgegriffen und dann wieder fallen gelassen und im Laufe der Geschichte auch nicht mehr geklärt, sodass man oft mit Fragezeichen im Kopf da sitzt und sich fragt, wozu das jetzt gut war.
Gut gefallen haben mir dann aber die Wolfsgestalten und insgesamt die Märchenfiguren, die in diesem Buch "Mythen" genannt werden. Insgesamt hat mir der Hintergrund der Mythen ganz gut gefallen und war auch recht logisch und nachvollziehbar. Über die Bohemia, die Geheimorganistation, die die Mythen bekämpft, hätte ich gerne noch ein bisschen mehr gewusst, da steckte auf jeden Fall viel ungenutztes Potential hinter.
Der wirklich wichtige Teil des Buches passiert erst kurz vor Schluss, zumindest das, was elementar für die Geschichte wirklich ist. Auf 560 Seiten gesehen sind es vielleicht die letzten 150, die von großer Bedeutung sind. Und für mich war das zu wenig. Die ersten 300 Seiten hätte man sich meiner Meinung nach durchaus sparen können, besonders die Einleitung, um Vesper kennen zu lernen. Das Ende war dann viel zu kurz und zu plötzlich und nach allen Regeln der Kunst unbefriedigend und enttäuschend. Ich war so wütend, dass ich das Buch am liebsten gegen die Wand geworfen hätte. Selten mal habe ich ein so unglaublich blödes Ende gelesen. Die ganze Zeit arbeitet man mehr oder weniger darauf hin und dann ist das - ZACK - binnen zehn Seiten ungefähr um und man fragt sich, was jetzt genau passiert ist und ob man irgendwas verpasst hat. Dennoch waren für mich die letzten 150 Seiten die besten des Buches, da man endlich mal einen kleinen roten Faden, oder ehe eine Spur aus Rosenstaub, wie man es hundert Mal im Buch lesen musste, erkennen konnte. Die Szenen in der Märchenwelt waren zwar verwirrend, aber ganz gut beschrieben, bis auf das direkte Ende, also etwa die letzten zehn Seiten.
Fazit
Mir tut es immer leid, ein Buch so zu kritisieren, da viel Zeit, Liebe und Arbeit in einem Roman steckt. Aber leider hat mich das Buch sehr enttäuscht und es hält nicht das, was der Klappentext versprochen hat. Die Charaktere waren in meinen Augen nicht authentisch, die Handlung zu verworren und der rote Faden fehlte. Zudem hatte ich meine großen Schwierigkeiten, wobei ich natürlich weiß, dass auch das Geschmackssache ist, mit dem Schreibstil. Bei einem anderen Buch hätte er mir vielleicht gefallen, bei diesem fand ich ihn mehr als unpassend. Grimm ist mein erster "Marzi" und ich habe noch Heaven hier stehen, wobei es mich graust, das Buch zu lesen. Mal schauen. Punkte gibt es für das Cover und die guten Ideen, die sich manchmal durch das Gewirr erkennen lassen und daher bekommt das Buch von mir abschließend
Sonstige Infos
Autor: CHRISTOPH MARZITitel: Grimm
Reihe: /
Verlag: Heyne, Taschenbuch
Seiten: 560
Preis: 9,99€
Dieses Buch habe ich im Rahmen der
gelesen.
Marzi ist eindeutig ein Autor die die Leser spaltet *g* Ich finde diesen Autor unheimlich klasse und die ungelösten Rätsel sind für mich eine Art Markenzeichen von ihm. In den Uralten Metropolen macht er das genauso ^^ Ich muss gestehen die Story ist ein wenig seltsam, aber das ist für mich Marzi. Er ist ein "irgendwie anderer Autor" für mich, der sich nicht viel am Mainstream orientiert. Aber ich mag auch nicht alle seine Bücher, muss ich auch sagen ^^
AntwortenLöschenJedem das seine, ich finde Grimm nicht so schlecht wie du ^^
Gruß von der Spielkarte
Nine Spades
Hallo Nine Spades,
Löschenja, man kann auf jeden Fall sagen, dass Marzi die Nation spaltet :D Ich lese auch immer nur entweder "super Schreibstil" oder "grauenvoller Schreibstil". Ich fand einfach, dass er nicht zu der Geschichte gepasst hat. In einem anderen Buch hätte ich ihn vielleicht sogar gemocht.
Ich werde ihm mit "Heaven" auf jeden Fall noch eine Chance geben. Mal schauen, wie mir das dann gefällt^^
Liebe Grüße, KQ
Dieses Buch steht ja noch auf meinem SuB und eigentlich habe ich mich auch sehr darauf gefreut es mal zur Hand zu nehmen.. Naja ich bleibe einfach weiterhin offen für das Buch, gab ja auch schon viele positive Meldungen zu dem buch. :)
AntwortenLöschenHallo Svenja,
Löschenbitte, ich möchte niemandem das Buch verbieten. Ich bin sehr begeistert an die Geschichte rangegangen und meinen Geschmack hat sie nun mal leider nicht getroffen. Aber wie du gesagt hast, es gibt neben sehr schlechten, auch viele überaus positive Meinungen zu dem Buch. Ich hoffe, dir gefällt es besser als mir :)
Liebe Grüße, KQ
Erst einmal: Es hat unglaublich viel Spaß gebracht, diese Rezension zu lesen. Verrisse sind ja immer spannend und unterhaltsam, auch wenn es natürlich eigentlich traurig ist, überhaupt einen solchen schreiben zu müssen.
AntwortenLöschenMit Marzi stehe ich sowieso ein wenig auf dem Kriegsfuß, nachdem ich bei der "Uralten Metropole" gesehen habe, wie stark er sich bei anderen Werken bedient. Eigentlich fand ich das Buch toll, bis ich das bemerkt habe - ab dem Punkt ist er in meine Achtung sehr stark gesunken.
Das Grimm-Buch hat mich aber trotzdem immer sehr interessiert. Nun allerdings nicht mehr, muss ich sagen. Auch wenn negative Rezensionen ja immer ein wenig neugierig machen. :)
Viele Grüße
Miyann
Hallo Miyann,
Löschenhaha freut mich, dass du Spaß an meiner Rezension hattest :D Ich habe mich beim Schreiben tierisch aufgeregt und überlege, ob ich mit zwei Sternen nicht noch zu nett war - wie immer.
Dass Marzi sich von anderen Autoren und Büchern bedient habe ich schon häufiger gelesen. Bei Grimm war ja klar, dass und von wo er sich bedient, aber ich frage mich, wieso er das bei seinen anderen Büchern ohne Probleme machen konnte?
Oh ja, das stimmt. Nach manch einer negativen Rezension juckt es mich regelrecht in den Fingern, das verrissene Buch sofort zu lesen :D
Liebe Grüße, KQ
Ich mag Marzis märchenhaften Schreibstil eigentlich und "Die uralte Metropole"- Trilogie habe ich geliebt, bzw. ich liebe die Bücher immer noch, aber mit "Grimm" konnte ich ebenfalls nicht wirklich was anfangen. Wirklich schade und ich kann dich total verstehen!
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Maggi :)
Hallo Maggi,
LöschenIch habe Die Uralte Metropole-Trilogie auch bei mir auf der Wunschliste stehen und sie wird auch erst mal dort bleiben, je nachdem wie gut mir Heaven dann später gefällt. Ich fand Grimm einfach ziemlich Nichtssagend. Er hatte viele gute Ideen, die er anriss, aber überhaupt nicht ausbaute oder logisch einbringen konnte. Und dann war das Ende einfach dämlich.
Liebe Grüße, KQ