Sonntag, 8. Mai 2016

Rezension ~ Fangirl von Rainbow Rowell

Cath turned to the computer and cleared her throat. (Then she felt stupid about clearing her throat.) Then she glanced back at Levi one more time. She couldn't believe she was doing this. ... Was she really doing this?
(Rainbow Rowell // Fangirl (MacMillan) // S. 138)

Inhalt

Als Cath's eineiige Zwillingsschwester Wren ankündigt, dass sie sich im College mit ihr kein Zimmer teilen will, fällt Cath aus allen Wolken. Unsicher und schüchtern wie sie ist, fühlt sie sich der neuen Situation nicht gewachsen. Das einzige, was ihr hilft, ist die FanFiction, die sie zu der berühmten Romanreihe Simon Snow schreibt. Und sie ist gut darin, ihre Geschichten lesen täglich mehrere tausend Menschen im Internet. Doch das neue ungewohnte College-Leben, der seltsame aber anziehende Freund ihrer Mitbewohnerin und andere persönliche Ereignisse sorgen dafür, dass ihre Simon Snow FanFiction beinahe auf der Strecke bleibt. Und Cath muss lernen, was für sie im Leben wichtig ist - und was nicht.

Meine Meinung

Ich hatte sehr hohe Erwartungen an das Buch, war es schließlich Ewigkeiten auf meiner Wunschliste (ich hätte es mir auch beinahe das ein oder andere Mal gekauft) und die Rezensionen waren fast alle einstimmig sehr positiv. Rainbow Rowell gehört - insbesondere in der amerikanischen Lesewelt - zu einer sehr gehypten Autorin und wenn man sich mal die ganzen Bookshelf-Videos der US-amerikanischen YouTuber anschaut, dann haben alle mindestens ein Rainbow Rowell-Buch im Regal - meistens Fangirl - aber oftmals alle Bücher der Autorin. Und manche besitzen sogar mehrere Ausgaben von Fangirl. Dementsprechend war ich wirklich neugierig und habe mich tierisch gefreut, als mir eine Kommilitonin das Buch ausgeliehen hat.

Ich halte jetzt mal nicht groß hinterm Berg und sage es gerade heraus: Ich fand das Buch echt schlecht. Richtig schlecht. Eine totale Enttäuschung. Ich bin eigentlich schon überrascht, dass ich das Buch überhaupt zu Ende gelesen habe, denn schon nach wenigen Seiten wurde mir klar, dass Fangirl und ich keine Freunde mehr werden. Ich schaffe euch nun mal einen groben Überblick von dem, was ich mir von dem Buch erhofft habe und von dem, was das Buch im Endeffekt dann zu bieten hatte (die Rezension könnte insgesamt etwas länger werden).

Was ich erwartet habe
Ein lustiges Buch mit dem Hauptfokus auf FanFictions +++ Dass die Protagonistin möglicherweise Leser ihrer Geschichten trifft +++ Allen voran eine nerdige, aber coole Protagonistin +++ Eine nette kleine Liebesgeschichte, vornehmlich mit einem ihrer Leser, den sie ja irgendwann in der Geschichte trifft +++ Eine heiße FanFiction, in der es zwischendurch zur Sache kommt +++ Eine locker leichte Geschichte, die nachvollziehbar und authentisch ist.

Was ich bekommen habe
Ein teilweise depremierendes Buch mit dem Hauptfokus auf das Collegeleben +++ Dass die Protagonistin nur einmal in einer unbedeutenden Situation eine einzelne Leserin trifft +++ Allen voran eine langweilige und von sozialen Ängsten zerfressene Protagonistin +++ Eine kleine Liebesgeschichte, die hätte nett sein können, wenn die Protagonistin nicht so bescheuert gewesen wäre; mit einem Kerl, den sie am ersten Uni-Tag kennenlernt und dem sie dann irgendwann ihre FanFictions vorliest +++ Eine sterbenslangweilige FanFiction, welche die Kategorie Slash im wahren Leben niemals verdient hätte +++ Eine bedrückende und von persönlichen Problemen zersetzte Geschichte, die seitenweise nicht nachvollziehbar und nicht authentisch ist.

Ich mochte Cath nicht. Kein Stück. Punkt. Sicherlich ist es nicht spaßig, mit sozialen Ängsten leben zu müssen, und ich spreche da selber ein wenig aus Erfahrung. Auch wenn ich das nicht direkt Ängste nennen würde, habe auch ich oft mit sozialen Unsicherheiten zu kämpfen. Aber Cath? Nein tut mir leid, das war für mich in keinem einzigen Moment nachvollziehbar. Es fängt schon damit an, als sie auf der ersten Seite in ihrem Zimmer auf dem College ankommt und auf Levi trifft. Sie kann überhaupt nicht mit seiner Anwesenheit und seinem Auftreten umgehen. Auch ihre Gedanken bezüglich ihrer Schwester und ihres Vaters sind irgendwie für mich... übertrieben. Ein (eineiiger) Zwilling zu sein ist sicherlich etwas, das niemand nachvollziehen kann, der nicht selber ein Zwilling ist. Aber mir fehlt da nunmal die Möglichkeit, es nachzuvollziehen, warum Cath mit der Tatsache nicht leben kann, dass ihre Schwester in ein anderes Zimmer zieht. Beide sind achtzehn Jahre alt, aber Cath verhält sich - beinahe das gesamte Buch über - als sei sie gerade mal zwölf. Sie bekommt von einer Dozentin einen Rüffel wegen einer Arbeit, die sie abgegeben hat, und danach ist es ihr praktisch unmöglich, noch weiter in den Kurs oder zu der Dozentin zu gehen, geschweige denn die Abschlussarbeit abzugeben. Sie leidet dann an einem kreativen Tief und jammert nur rum, was sie alles nicht kann.

Cath ist - vor allem zu Beginn - zu allen Menschen sehr abweisend. Das wird wieder einmal damit begründet, dass sie ja so ängstlich und schüchtern ist. Dementsprechend ist sie auch zu ihrer Mitbewohnerin Reagan und deren Freund Levi unfreundlich. Als es dann aber zwischen Cath und Levi zu einem Kuss kommt, tut Cath danach so, als hätte sie ja schon die ganze Zeit für Levi geschwärmt. Natürlich merkte man beim Lesen direkt, dass zwischen Cath und Levi was laufen soll, aber dadurch, dass sie von ihm immer nur genervt und ihm gegenüber sehr abweisend war, waren ihre Liebesbekundungen nach dem Kuss in meinen Augen extrem an den Haaren herbeigezogen.

Dann fand ich sie extrem prüde. Ich sage ja nicht, dass in einem Jugendbuch Sex propagiert werden muss, aber so, wie sie sich verhalten hat, konnte ich mich mit ihr kein Stück identifizieren. Sie schreibt eine Slash-FanFiction - sprich mit einem homosexuellen Paar - aber wirklich heiß wird es da nicht einmal. Die beiden Figuren kommen in Cath's Geschichten praktisch nie über das Händchenhalten hinaus. Und als Cath dann selber im Laufe der Geschichte eine Beziehung mit Levi eingeht, dann gibt es lange Zeit nicht mehr als einen Kuss auf die Stirn. Ich meine, ich kann verstehen, dass Levi ihr Vertrauen irgendwie ein bisschen missbraucht hat, aber trotzdem. Und vor allem immer mit dieser - tut mir leid - bescheuerten Begründung Ich küsse ihn nicht, da ich mir selber nicht vertraue. Denn wenn ich einmal beginne, kann ich nie wieder aufhören. Ich habe das Gefühl, dass diese Ausrede in verdammt vielen Contemporary-Romanen verwendet wird. Als es dann bei Cath und Levi so richtig offiziell wurde, fand ich deren Beziehung allerdings nur noch kitschig und schmalzig. Für mich persönlich unerträglich.

Ich möchte niemanden angreifen, der selber stark unter sozialen Ängsten leidet. Und wie gesagt, ich glaube auch durchaus, dass es sehr schwierig ist, damit zurecht zu kommen (ich kenne das ja selber teilweise). Aber dennoch war es für mich unerträglich, das Buch aus Cath's Perspektive zu lesen, da ich sie überhaupt nicht für voll nehmen konnte und ihren gesamten Charakter extrem unglaubwürdig fand. Sowieso fand ich fast alle Figuren extrem unglaubwürdig. Ihre Schwester Wren ist eine stereotypische College-Freshman-Tusse, die einmal auf die Schnauze fallen muss, um zu erkennen, wie toll doch ein gesittetes Leben mit der langweiligen Zwillingsschwester ist (nicht, dass ich sage, dass ihre Saufeskapaden toll waren, aber in meinen Augen entwickelt Wren sich zurück und nicht weiter). Die Mitbewohnerin von Wren, Courtney, die das klassische blonde Dummchen ist - und ich fand es am Ende übrigens trotzdem nicht fair, dass Wren sie dann wie eine heiße Kartoffel hat fallen lassen. Die zerrütteten Familienverhältnisse, mit denen versucht wird, der Geschichte noch etwas Drama und Tiefe zu geben. Kann es nicht mal eine Protagonistin geben, bei der die Familie normal ist?

Ich mochte Levi und Reagan sehr gerne. Nur leider blieben beide unheimlich blass. Man erfährt praktisch nichts über die beiden, nur, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit haben. Aber sie waren charakterlich ganz cool drauf und eindeutig authentischer als Cath oder alle anderen Figuren zusammen - und es ist ja eigentlich recht traurig, wenn gerade die beiden Figuren, über die man mit am wenigsten erfährt, einem am echtesten vorkommen.

Natürlich geht am Ende irgendwie alles gut aus. Cath kann ihre nervigen Ängste überwinden und wird praktisch zur Superheldin, auch wenn sie sich eingesteht, dass es manche Dinge gibt, bei denen sie kürzer treten muss. Dass aber die FanFiction an sich irgendwie in den Hintergrund geriet, hat mir gar nicht gepasst. Denn schließlich war die FanFiction und das gesamte Fandom um Simon Snow die Hauptprämisse des Buches, oder? Dazu muss ich noch sagen, dass ich immer dachte, dass Simon Snow sozusagen der Harry Potter dieser Geschichte sein soll. Dass es also keinen Harry Potter, aber eben Simon Snow gibt. Und dann erwähnt die Autorin an einer Stelle aber Harry Potter selber. Das fand ich richtig dämlich. Denn seien wir mal ehrlich: Als ob Simon Snow eine Chance hätte, so ein krasses Fandom aufzubauen, wenn es zeitgleich Harry Potter geben würde (denn dafür war Simon Snow Harry Potter zu ähnlich).
It's like hearing Harry Potter is gay.
(Rainbow Rowell // Fangirl (MacMillan) // S. 140)
Jedenfalls hatte ich erwartet, dass es viel mehr darum gehen würde, wie es für Cath ist, in diesem Fandom zu leben und diese FanFictions zu schreiben. Irgendwie wurde das immer mal erwähnt, aber es wurde nicht gut in den sonstigen Kontext mit eingezogen. Ich dachte eben, dass es viel mehr darum gehen würde, mit anderen Fans zu reden, Leser von Cath's FanFiction zu treffen. Und was wirklich richtig gut gewesen wäre, wäre beispielsweise ein Plagiatsvorwurf. Entweder von der Autorin selber (wobei das ja schon eine Hausnummer gewesen wäre), oder von einer anderen FanFiction Autorin. Und dass Cath irgendwie hätte beweisen müssen, dass sie nicht abgekupfert hat. Vor allem, da die Vorlage ja schon geliefert wurde: In dem Buch ging es ja stellenweise um Plagiate. Da hätte Rainbow Rowell wirklich was draus machen können. Hat sie aber nicht.

Irgendwie habe ich das Gefühl, mich rechtfertigen müssen, warum ich das Buch nicht mochte. Das ist wahrscheinlich bescheuert. Ich mochte es einfach nicht. Ich fand Cath blöd, ich fand die Haupthandlung blöd, ich fand das Ende blöd. Alles in allem ging es irgendwie zu wenig um das Fangirl-sein.

Fazit

Ich hatte mir noch viele verschiedene andere Gründe notiert, weswegen ich Fangirl nicht mochte, aber dann wäre ich morgen noch am Tippen und von euch würde auch keiner mehr das hier lesen - was wahrscheinlich eh keiner mehr macht. Ich bin von dem Buch jedenfalls sehr enttäuscht und finde es schade, dass Rainbow Rowell das Potential nicht genutzt hat. Und ich mit der Protagonistin zu keinem Moment warm geworden bin. Dadurch, dass ich Levi und Reagan mochte und das ein oder andere Mal tatsächlich schmunzeln musste, vergebe ich abschließend, gerade noch, ganz knapp


Autorin: RAINBOW ROWELL
Titel: Fangirl
Reihe: /
Verlag: MACMILLAN, Taschenbuch
Seiten: 461
Preis: ca. 8€

4 Kommentare:

  1. Ach du meine Güte - dieses Buch scheint ja überhaupt nicht nach deinem Geschmack gewesen zu sein. Aber ich muss sagen, dass auch ich kein großer Fan von Contemporary-Literatur bin. Die Charaktere geraten einfach zu leicht klischeehaft und warum sollte ich mir in meinem Alltag, der genug Probleme hat, auch noch die halbwegs realistischen Probleme einer Buchfigur durchlesen - da dann doch lieber Probleme unrealistischer Natur wie der Sieg über Trolle oder so :D

    Hoffentlich gefällt dir dein nächstes Buch wieder besser

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    1. Hallo JuliKind,

      da hast du Recht, das Buch hat mir leider nicht gefallen, was wirklich schade ist, da es bei vielen so gut ankam!
      Und ich stimme dir vollkommen zu, was das Contemporary Genre betrifft: Man hat im Leben genug Stress und Sorgen, da muss ich mich nicht auch noch mit den (oftmals) albernen Sorgen irgendwelcher Teenies rumschlagen. Wobei ich auch verstehen kann, dass genau das den Reiz ausmacht, weswegen viele gerne Contemporary lesen, damit sie sehen können, dass sie nicht die Einzigen sind, die Probleme und Sorgen haben.
      Aber wie du schon sagst, ich beschäftige mich dann auch lieber damit, ob der Troll besiegt und der Ring ins Feuer geworfen wurde.

      Bisher sieht es ganz so aus :D

      Liebe Grüße, KQ

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  2. :D
    Soeben ist das Buch von meiner Wunschliste geflogen. Danke
    Es gibt nichts nervigeres als dämliche Protagonisten - ich finde ein Buch steigt oder fällt mit dem jeweiligen Protagonisten. Wenn man den nicht mag, wird das ganze Buch nichts.

    Liebe Grüße Tessa

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    1. Hallo Tessa,

      tja, so kanns gehen :D Man kann eben nicht alles mögen!

      Das sehe ich genau so. Wenn die Protagonisten doof/unsympathisch/fies... whatever sind, dann kann man das Buch gleich knicken!

      Liebe Grüße, KQ

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